
In Norddeutschland, den Niederlanden und Skandinavien sind Klinkerfassaden seit eh und je ein fester Bestandteil des prägenden Landschaftsbildes. Doch wer den historischen Einfluss von Klinker darauf reduziert, greift dem Baustoff zu kurz. Denn was viel nicht wissen: Klinker hat auch einen maßgeblichen Einfluss auf die Architektur im Orient. Von den alten Mesopotamiern bis in die Gegenwart hat Klinker im Orient stets eine zentrale Rolle gespielt.
Bereits um 3000 v. Chr. nutzten die Sumerer und Babylonier gebrannte Tonziegel für den Bau von prächtigen Tempeln, repräsentativen Palästen und schmucken Stadtmauern, denn schon diese frühen Klinker waren aufgrund der hohen Brenntemperaturen besonders hart und widerstandsfähig, was sie ideal für die Anforderungen der wachsenden Städte im Orient machte.
Dann, im antiken Persien, wurde die Technik der Klinkerherstellung weiter verfeinert, was den Einfluss von Klinker weiter vergrößerte. Die Perser nutzten Klinker nicht nur für funktionale Zwecke, sondern auch für dekorative Elemente. Die farbigen Klinker und glasierten Ziegel, die zum Bau der berühmten Stadt Persepolis verwendet wurden, sind ein beeindruckendes Beispiel für die künstlerische Verwendung dieses Materials. Eine Inschrift über dem Bau des Tachte-Dschamschid, verfasst von Darius dem Ersten, veranschaulicht die Rolle des Klinkers in der Zeit: „Diesen Palast habe ich gebaut. Zunächst haben sie eine Grube ausgegraben, in diese Grube wurden Gerölle geschüttet und auf diesen der Palast errichtet. Die Leute von Babylon haben die Ziegel hergestellt.“
Und das war noch lange nicht alles. Mit der Ausbreitung des Islam im 7. Jahrhundert erfuhr die Nutzung von Klinker eine neue Blütezeit. Islamische Architekten nutzten Klinker für die Errichtung von Moscheen, Palästen und Festungen. Besonders in Regionen wie dem Iran, Irak und Zentralasien wurden Klinker wegen ihrer Haltbarkeit und ästhetischen Qualitäten geschätzt. Die Stadt Samarkand in Usbekistan, ein wichtiger Knotenpunkt der Seidenstraße, ist bekannt für ihre prächtigen Bauwerke aus Klinker, die mit aufwendigen Mosaiken und Inschriften verziert sind.
Die Osmanen, die ein weitreichendes Reich von Anatolien bis Nordafrika kontrollierten, trugen ebenfalls zur Verbreitung und Weiterentwicklung der Klinkerarchitektur bei. Die beeindruckenden Kuppelbauten und Minarette der osmanischen Moscheen in Istanbul, wie die Süleymaniye-Moschee, zeugen von der vielfachen Nutzung von Klinker.
Auch heute, im modernen Orient, hat Klinker eine bedeutende Rolle in der Architektur. In vielen Ländern wird Klinker wegen seiner ästhetischen und vor allem seiner praktischen Vorteile geschätzt. Ob in Dubai, Abu Dhabi oder Doha – allerorts sind Klinkerelemente integriert, um traditionelle Designelemente mit zeitgenössischen Bauweisen zu verbinden.
Das hat (neben der Optik) einen einfachen Grund: In Ländern die oft extremen Klima-Bedingungen ausgesetzt sind, bietet Klinker hervorragende Isoliereigenschaften und trägt zur Energieeffizienz der Gebäude bei.